Muldentalkliniken: Geburts- und Kinderklinik bleiben „einstweilen“ in Wurzen

Geschäftsführerin spricht
von nötiger Sofortmaßnahme,
um Kosten zu senken
Grimma/Wurzen. Entscheidende Weichenstel-
lungen hat der Aufsichtsrat der Muldentalkli-
niken am Dienstag für die weitere Zukunft der
kreiseigenen Krankenhausgesellschaft vor-
genommen. Das Ergebnis dürfte vor allem in
Wurzen für Aufatmen sorgen.
Geburtshilfe, Kinderklinik und Gynäkologie
sollen demnach am Krankenhaus Wurzen er-
halten bleiben und dort gebündelt werden. Mit
diesem Vorschlag konnte Geschäftsführerin Ju-
lia Alexandra Schütte, seit Mai neu im Amt, die
Mehrheit der Aufsichtsräte überzeugen.
Schütte: Finanzlage zwingt
zu Sofortmaßnahme
„Diese Sofortmaßnahme ist eine kurzfristige
und dringend notwendige Reaktion auf die
schwierige Finanzlage der Muldentalkliniken.
Die Patientenversorgung ist zu jeder Zeit gesi-
chert“, erklärte Schütte. Für die vorübergehende
Zusammenlegung am Standort Wurzen seien fi-
nanzielle Erwägungen ausschlaggebend.
Auch die prekäre Personallage mache die-
sen Schritt erforderlich, argumentiert die
Fachanwältin für Arbeitsrecht. „Wir können
aktuell weder finanziell noch personell aus
dem Vollen schöpfen und uns zwei Geburts-
hilfen in unmittelbarer Nähe leisten. Wir wür-
den gerne auf diese Sofortmaßnahme verzich-
ten, dieser Schritt ist aber zwingend erforder-
lich. Mit der Zusammenlegung von Geburts-
hilfe, Gynäkologie und Pädiatrie in Wurzen
können wir die Kosten senken, das Personal
im Sinne der werdenden Mütter bestmöglich
einsetzen und weiterhin ein medizinisch
hochwertiges Angebot vorhalten.“
Chefärzte stehen hinter
der Entscheidung
Die verantwortlichen Chefärzte Dr. Katrin
Gröger und Dr. Ulrich Piskazeck unterstützen
die Sofortmaßnahme: „Wir sind in enger Ab-
stimmung mit der Geschäftsführung. Die vo-
rübergehende Bündelung von Gynäkologie,
Geburtshilfe und Pädiatrie an einem Standort
ist angesichts der aktuellen Personallage auch
aus medizinischer Sicht sinnvoll“, heißt es in
einer von den Muldentalkliniken verbreiteten
Erklärung. Ambulante gynäkologische Ein-
griffe bleiben in Grimma möglich, auch die
Sprechstunde von Dr. Ulrich Piskazeck findet
weiterhin am Standort Grimma statt. In Grim-
ma freiwerdendes Pflegepersonal könne auf
anderen Stationen sinnvoll eingesetzt wer-
den, so dass dort mehr Betten belegt werden
könnten, heißt es weiter.
Wie viele andere Häuser auch hätten die
Muldentalkliniken mit den Folgen von stei-
genden Energiekosten, anhaltender Inflation,
sinkender Geburtenrate und Personalmangel
zu kämpfen. Hinzu komme eine zu niedrige
Bettenauslastung, die in den Häusern in Wur-
zen und Grimma lediglich noch bei rund
50 Prozent liege.
Bislang werden in Wurzen und Grimma
Kinder geboren. Während die Hebammen in
Wurzen Beschäftigte der Muldentalkliniken
sind, wird der Kreißsaal in Grimma von Beleg-
hebammen geführt. Diese hatten zum 1. April
2024 die Kündigung ihres Vertrages erhalten.
Aktuell läuft eine Online-Petition für den Er-
halt des Grimmaer Modells, die inzwischen
über 15 000 Personen unterzeichnet haben.
Das von Schüttes Vorgänger Mike Schuf-
fenhauer erarbeitete Sanierungskonzept hat-
te ursprünglich eine Schließung von Geburts-
station, Pädiatrie und Gynäkologie in Wurzen
und eine Verlegung nach Grimma vorgese-
hen. Auch fast alle anderen stationären Abtei-
lungen sollten in Grimma konzentriert wer-
den. Der Schuffenhauer-Plan hätte das Aus
des stationären Krankenhauses in Wurzen,
den Abbau zahlreicher Betten in der gesamten
Unternehmensgruppe sowie Stellenkürzun-
gen in Größenordnungen bedeutet.
Gegen die befürchtete Abwertung des
Standortes in der Kutusowstraße war eine
ganze Region Sturm gelaufen. Insbesondere
aus dem Wurzener Land war ein Großteil der
rund 600 Demonstranten zur Kreistagssitzung
am 10. Mai in Neukieritzsch angereist, um sich
für einen stationären Klinikbetrieb in der
Domstadt und vor allem den Erhalt der Kinder-
klinik und Entbindung stark zu machen. Zu-
letzt zählten die Muldentalkliniken rund
950 Beschäftigte und 350 Planbetten. Eigentü-
mer des Gesundheitsversorgers ist der Land-
kreis Leipzig. Simone Prenzel