Fiktives Interview mit einem realen Unternehmer: Gustav Harkort

Das Gustav-Harkort-Denkmal auf dem Leipziger Hauptbahnhof © SiW

Frage: Ihr Denkmal steht auf dem Leipziger Bahnhof, die Ausstellung findet in Wurzen in der Galerie am Markt statt – ist die Spur, die Ihr Leben und Wirken hinterlassen hat in Leipzig nicht viel größer und tiefer? Wäre da nicht eine Ausstellung noch eher angebracht?

Gustav Harkort: Das gegeneinander aufzuwiegen macht wenig Sinn. Für mich waren es 45 Jahre mein Lebensinhalt, vom Ankommen in Leipzig 1820 bis zu meinem Tode 1865. Sie waren erfüllt von erfolgreicher Arbeit, aber auch von Niederlagen. Und dafür war die wachsende Großstadt Leipzig genauso wichtig, wie Wurzen und das Wurzener Land. Und warum sollte die Ausstellung nicht noch ihren Ort in Leipzig finden?

Frage: Wie und an welchen Orten haben Sie denn Wurzen und das Wurzener Land wahrgenommen?

Gustav Harkort: Es war vielfältiger, als ich erwartet hatte. Ich bin in einem ländlichen Raum, der sich gerade industrialisierte, aufgewachsen. Mein Vater und mein Bruder Friederich haben diesen Teil Westfalens umgekrempelt. Ähnliche Aufgaben erwarteten meinen Bruder Carl und vor allem mich südöstlich von Leipzig.

Die Eisenbahn-Brücke über die Mulde, die erste Eisenbahnbrücke Deutschlands, war eine große Herausforderung. Schließlich musste sie seither mehrfach neu gebaut werden. 1858 wurde sie von einem verheerenden Hochwasser zerstört. Aus dem verschlafenen Schönstädt ein Dorf namens Neuharkorten zu machen, kostete auch Kraft.

Das Bauerndörfchen Altenbach zu einer Industriegemeinde und -siedlung zu entwickeln, war eine Aufgabe, die ich und der Nachfolgeinhaber Hülsmann, heute mit dem Namen RATH GmbH, nur dank unserer erfolgreichen unternehmerischen Arbeit lösen konnten.

Zu Besuch in der RATH GmbH Bennewitz, 1845 in Altenbach von Carl und Gustav Harkort gegründet. © SiW

Frage: Sie streckten Ihre Arme nach China aus, wollten den Suezkanal mit entwickeln, für einen Ihrer Brüder öffneten Sie Türen in Mittelamerika. Warum dieses Agieren? Dass Sie sich für die Welt interessierten, das war schon bei Ihren ersten Schritten nach Russland, Skandinavien zu erkennen. Woher aber diese Weltsicht? Diese Neugierde?

Gustav Harkort: Sie nennen es heute Globalisierung, nichts anderes vollzog sich in anderem Maßstab in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Auch da gab es Konflikte. Großbritannien sah den Aufstieg Deutschlands und vor allem auch des industriellen Sachsen mit scheelen Augen. In China wehrte man sich gegen die Zerstörung des Landes mit Ausbeutung, Krieg und Opium. Aber es entstanden Beziehungen und Bande, die nach den beiden Kriegen und dem zeitweiligen Ende des Kalten Krieges ihre Früchte trugen.

Frage: Was ist das Bleibende von Ihrem Lebenswerk in unserer Region?

GH: Mein Vorschlag: Kommen Sie in die Ausstellung in der Galerie am Markt. Schauen Sie sich auch die Radierungen an, sie öffnen Ihnen den Blick für die Schönheit und die Vielfalt dieser Region. Die Ausstellung ist von Donnerstag bis Sonntag 14 bis 18 Uhr geöffnet. Dort erfahren Sie es in Video, Bild und Ton. Am 23. November begleitet Sie ab 16:30 Uhr der Kurator der Ausstellung Ulrich Heß.

Außer dem Eintritt von 3 € entstehen Ihnen keine Kosten. Eine Vorinformation über Ihre Teilnahme kommt uns entgegen:
info@standortinitiative-wurzen.de. Tel 03425 854 152